
Liebe Leser*innen,
zunächst einmal der Hinweis: Nehmt euch Zeit für diesen Artikel.
Zur Vorbereitung habe ich eine Sprachnachricht verfasst – und schon da war mir klar, ich hätte besser einen Podcast aufgenommen. 🙂
Nun aber zum eigentlichen Thema: der Jahresabschluss und die Rauhnächte.
Ich selbst zelebriere die Rauhnächte dieses Jahr zum fünften Mal und biete seit vier Jahren in dieser Zeit Yoga-Workshops an, die ebenfalls an dieses Thema heranführen.
Mit großer Freude beobachte ich, wie das Interesse daran wächst – nicht nur an den Rauhnächten, sondern allgemein an Yoga, Meditation, Achtsamkeitspraxis, Spiritualität und Persönlichkeitsentwicklung.
Ich denke, das liegt zum Teil daran, dass die Welt da draußen so schnelllebig geworden ist. Manchmal hat man das Gefühl, nicht mehr mitzukommen. Wir definieren uns über Leistung und wollen allen Rollenerwartungen gerecht werden.
Es ist laut geworden im Außen – und wird immer lauter.
Deswegen sehnen sich viele nach Ruhe, Sicherheit und Verbundenheit – zu sich selbst, aber auch zu anderen.
Wir befinden uns im Alltag so sehr im Kopf, dass wir kaum noch intuitiv handeln – es vielleicht sogar verlernt haben. Auch Fühlen fällt zunehmend schwerer. Dabei ist es so wichtig, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen, Gefühle zu durchleben und zwischendurch in die Stille zu kommen, um unsere leise innere Stimme wieder etwas lauter zu hören. Und vielleicht erlangen wir dann auch die Erkenntnis wer wir wirklich sein wollen, was uns bewegt und wohin wir uns ausrichten wollen.
Diese dunkle Jahreszeit, das Jahresende – und ganz besonders die Rauhnächte – eignen sich hervorragend, um uns an diese Bereiche heranzutasten.
Ich möchte hier gar nicht weit ausholen und den Fokus nicht zu sehr auf den historischen Ursprung oder die Vielzahl an Bräuche und Ritualen legen – dazu gibt es mittlerweile ausreichend Literatur.
Auch ich erstelle jedes Jahr einen digitalen Begleiter inklusive Reflexionsfragen für die Rauhnächte.
Falls du daran Interesse hast, schick mir gerne eine Mail und lass dich in meinen Newsletter aufnehmen.
Um die Rauhnächte dennoch kurz einzuordnen:
Der germanische Mondkalender hatte insgesamt elf Tage bzw. zwölf Nächte weniger als unser heutiger Sonnenkalender.
Dieser Zeitraum wurde als besonders bedeutungsvoll angesehen und gab den Rauhnächten ihren Ursprung.
Man glaubte, diese Zeit befinde sich in einer Art Zwischenwelt, da sie eigentlich „nicht existiere“. Die Grenzen zwischen dem Diesseits und dem Jenseits seien dünner, und es gebe eine stärkere Verbindung zwischen der materiellen und der spirituellen Welt.
Die Menschen jener Zeit waren sehr abergläubisch und wollten sich vor bösen Energien oder Geistern schützen – daraus entstanden viele der Bräuche und Rituale.
Das klingt natürlich zunächst sehr spirituell, aber im Grunde ging es den Menschen darum, zum Jahresende Klarheit zu schaffen:
nicht mit „Schulden“ ins neue Jahr zu gehen, zurückzublicken, sich von Altlasten zu lösen, sich zurückzuziehen – und gleichzeitig auf das neue Jahr zu blicken.
Welche Energie möchte man mitnehmen?
Was darf zurückbleiben?
Wie gesagt, das Ganze klingt natürlich zunächst sehr spirituell und esoterisch. Ich persönlich liebe diesen Ansatz, aber ich finde, es gibt viele Menschen, die sich genau deswegen zurückhalten, weil sie eher rational geprägt sind. Doch jetzt kommt der entscheidende Punkt: Mit welchem Ansatz du diesen Jahresabschluss gestaltest, liegt ganz bei dir.
Bei der Gestaltung der Rauhnächte – oder einfach des Jahresendes – gibt es kein Richtig und kein Falsch.
Du darfst es frei gestalten. Es geht im Kern darum, eine achtsame und bewusstere Zeit zu erleben. Es geht um Selbstreflexion.
Gestalte diese Zeit intuitiv. Auch wenn du dir Anregungen holst und z.B. Bücher liest, versuche, auch wieder aus dem Kopf herauszukommen.
Welche Bräuche oder Rituale gefallen dir – und vor allem: Welche fühlen sich gut an?
Sich Zeit zu nehmen, achtsamer zu sein, Stille zu finden, zu meditieren, zu reflektieren und eventuell zu journaln, hilft wirklich jedem.
Auf das Jahr zurückzublicken, sich zu fragen, welche Ziele man erreicht hat, was gut gelungen ist, welche Begegnungen von Bedeutung waren – aber auch: was nicht gelungen ist, und warum.
Denn egal, ob du spirituell oder rational an diese Zeit herangehst – wir dürfen uns immer unserer Eigenverantwortung bewusst werden.
Also frage dich, was möchte ich ändern?
Was will ich vielleicht noch klären?
Was darf abgeschlossen und losgelassen werden?
Allein dadurch erkennen wir oft schon, wohin wir uns im nächsten Jahr ausrichten möchten.
Ich habe dieses Jahr bewusst meinen Workshop unbenannt und auch früher angesetzt.
Früher habe ich mich ganz auf die Rauhnächte konzentriert, und die Workshops fanden meist erst Ende November oder Mitte Dezember statt.
Dieses Jahr wollte ich noch mehr die Qualität der gesamten Jahreszeit aufgreifen. Denn abgesehen davon, dass man Selbstreflexion das ganze Jahr über üben darf, beginnt die Zeit des Rückzugs und der inneren Bilanz schon deutlich früher.
(Hierfür kann es hilfreich sein, sich die Jahreskreisfeste und ihre Bedeutung anzuschauen – auch astrologisch zeigt sich eine ähnliche Qualität.)
Und wenn wir uns etwas mehr Zeit geben, um uns innerlich und äußerlich einzustimmen – etwa, indem wir uns einen Rückzugsort schaffen – können wir die magische Zeit der Rauhnächte vielleicht noch bewusster zelebrieren.
Ein Beispiel: In den Rauhnächten gibt es das Ritual der 13 Wünsche.
Schreibe 13 Wünsche auf 13 Zettel, falte sie so, dass du sie nicht mehr lesen kannst, und lege sie in ein Gefäß.
In jeder Rauhnacht verbrennst du einen Zettel und übergibst den Wunsch dem „Universum“ – oder welchem Begriff du verwenden magst.
Ein Wunsch bleibt übrig – für diesen bist du selbst verantwortlich. Wenn du später zurückblickst und dich fragst, welche Wünsche sich erfüllt haben und welche nicht, dann sei ehrlich mit dir: Warum nicht?
Denn auch hier tragen wir Verantwortung.
Vielleicht gibt es Verhaltensmuster oder Glaubenssätze, mit denen du dich selbst blockierst. Natürlich sollten es Wünsche sein, die du dir grundsätzlich auch selbst erfüllen kannst.
Als Beispiel, es bringt nichts, sich sportliche Ziele zu setzen, aber unterm Strich nichts dafür zu tun oder Hilfsangebote nicht anzunehmen.
Gehe mit offenen Augen durchs Leben, halte Ausschau nach Chancen und Möglichkeiten.
Was ich damit sagen möchte, es kann nützlich sein bereits vor den Rauhnächten für mehr eigene Klarheit zu sorgen, um wirklich das volle Potenzial dieser Zeit zu nutzen.
Allgemein empfiehlt es sich, sich jeden Tag Notizen zu den jeweiligen Rauhnächten zu machen.
Manche deuten auch ihre Träume in dieser Zeit und führen ein Traumtagebuch.
Man sagt, jede Rauhnacht bzw. alles was sich in einer Rauhnacht zeigt, gibt eine Vorschau auf einen Monat im kommenden Jahr.
Wenn du dir letztes Jahr Notizen gemacht hast – schau sie dir jetzt wieder an und erkenne vielleicht, wo sich Parallelen in deinem persönlichen Jahresrückblick zeigen.
Ich wünsche dir für die kommende Zeit – für die Weihnachtszeit und natürlich auch für die Rauhnächte – viele schöne Momente voller Liebe, Stille, Freude, bedeutsamer Begegnungen und Erkenntnisse, die dich näher zu dir selbst bringen, näher an deine Ziele und vielleicht auch näher zu anderen Menschen.
Ich finde den Gedanken schön, dass wir Bräuche und Rituale – ob alt oder neu – gemeinsam mit Familie, Freundinnen oder Partnerinnen aufleben lassen und dadurch bewusst gemeinsame Zeit gestalten können.
Und: Geh so oft wie möglich raus in die Natur.